
PETER HÜBNER · DIE INSEL DES GLÜCKS
~ Der uralte Sonnenweg unserer Ahnen zu kosmischem Glück ~
nach den Forschungen, Sammlungen und Aufzeichnungen
der Gebrüder Grimm
Die Regenbogenschlösser der Nacht
Von außen gesehen unterscheidet er sich in der Art seines wankelmütigen Umherirrens mit seinen dauernden Richtungsänderungen vom Träumer nicht.
Was die beiden unterscheidet, ist nicht der Weg durch das Labyrinth, sondern die Tatsache, daß der Wache sich einbildet, er wähle mit seinem andauernden Hin und Her frei und dabei macht er seinen Weg ja nur zum Labyrinth , während dem Träumenden diese scheinbare Gewißheit, seinen richtigen Weg erkannt zu haben, in solcher Starrheit fehlt.
Der Träumende wird von seinen aus dem Tiefschlaf hervorquellenden Träumen dermaßen hin- und hergerissen, daß er selbst innerlich als Handelnwollender mehr inaktiv verbleibt und alles Weltgeschehen seiner Traumeindrücke insgesamt mehr über sich ergehen läßt.
Zwar unternimmt er kleine, schüchterne Versuche einzugreifen, aber bis es dazu wirklich kommt, ist die ganze Szene seines Traumerlebens schon wieder so völlig anders, daß das alte längst vergessen ist. So ist er auch nicht mehr in den alten Bahnen seiner Wünsche willentlich aktiv, sondern hat sich schon wieder ganz neuen Erlebnissen zugewandt.
Ganz anders ist dies im Wachbewußtsein, welches sich aus dem Tiefschlaf heraus erhebt und an demjenigen geringen Licht emporklimmt, welches die äußeren Sinneseindrücke vermitteln.
Der Mensch, welcher nur die drei Hauptbewußtseinszustände kennt: den Tiefschlaf, das Traumbewußtsein und das Wachbewußtsein wobei sich die beiden letzteren im Tiefschlaf begründen und aus diesem hervorgehen wie aus tiefer, dunkler Nacht , bildet sich im Wachbewußtsein ein, er handle tatsächlich als klar Erkennender.
Doch in Wirklichkeit erkennt er nicht mehr, als der Wanderer in einer blitzedurchzuckten, tiefdunklen Nacht auch wahrnimmt: er erkennt die Welt bruchstückhaft und nur immer kurzfristig, und dabei hat er jedoch niemals einen ununterbrochenen Eindruck von den Geschehnissen der Welt.
Dennoch bildet sich der Wachbewußte ein, daß er sich in dieser so bruchstückhaft von ihm wahrgenommenen Welt gut auskennt.
Und diese Einbildung begründet sich darauf, daß er es nie besser kennengelernt hat; denn er ist in einer wirklich kontinuierlichen Wahrnehmung gar nicht ausgebildet und somit ungeübt.
Mit Hilfe seines Gedächtnisses und mit Hilfe scheinbar logischer Schlußfolgerungen setzt er die blitzlichtartigen Eindrücke diesseits und jenseits seiner tiefschlafartigen Gedankenleere zusammen so wie ein Mosaik , fügt auch die einzelnen Bilder dabei noch enger aneinander, als es richtig ist, und glaubt so ein klares, kontinuierliches Bild der Wirklichkeit zu erhalten.