
PETER HÜBNER · DIE INSEL DES GLÜCKS
~ Der uralte Sonnenweg unserer Ahnen zu kosmischem Glück ~
nach den Forschungen, Sammlungen und Aufzeichnungen
der Gebrüder Grimm
Die Regenbogenschlösser der Nacht
Das Regenbogenschloß
des aufgehenden Mondes
Mittlerweile hatten sie das zweite Schloß erreicht und traten durch dessen goldsilbernes Tor. Im Innern empfing Mani wieder die gleiche tiefe Dunkelheit wie im vorigen Schloß; aber diesmal wurde die Nacht in wechselndem Rhythmus durch silberne Blitze erleuchtet, so daß Mani immer nur ganz kurz in unermeßliche Räume blicken konnte dabei wurde ihr ganz schwindelig sodaß sie die Orientierung verlor.
Im bewegten Rhythmus der zuckenden Blitze wurde ihr außerdem abwechselnd heiß und kalt; dazu überwältigte sie in der tiefen Dunkelheit immer wieder kurzfristig eine große Müdigkeit, sie schlief auch ganz kurz ein, wurde dann jedoch von dem nächsten Blitz kurzfristig wieder aufgeweckt.
Die Gedankenbilder, welche Mani nach solchem völlig überraschenden Wecken aus ihrem Tiefschlaf durch den Kopf schossen, rannten wie wild und wirr durcheinander so, wie sie dies auch von chaotischen Träumen her kannte , so daß sie schließlich auch ihre geistige Orientierung verlor.
Doch ihr Bruder nahm sie wieder bei der Hand und stimmte erneut seinen leisen Gesang an; sofort ließ die Verwirrung in Mani nach, und so schritt sie wieder zuversichtlich an der Seite ihres Bruder weiter.
Dieser mußte sie jedoch immer noch bei der Hand halten denn meistens sah Mani ja überhaupt nichts, weil sie ja nur tiefe, stockfinstere, von Blitzen durchzuckte Nacht umfing.
Als sie nun wieder aus dem Schloß heraustraten und den nächsten Bogen der bunten Brücke emporeilten, mußte sich Mani erst einmal ein wenig an dem goldenen Geländer festhalten, so tief saß das eben Erlebte noch in ihrem Gedächtnis fest.
Doch bald verflüchtigte sich ihre innere Unsicherheit wieder, und sie schritt munter weiter die leuchtende Brücke empor.
„In diesem zweiten Turm herrschen diejenigen mächtigen kosmischen Kräfte, die das Traumbewußtsein regieren“, sagte Sol. „Sie versetzen jeden Menschen, der nicht selbst Macht über sein Traumbewußtsein errungen hat, in den Zustand der Verwirrung wie sie dies ja üblicherweise auch im Traumbewußtsein tun.
Deshalb verliert der Ungeübte in diesem Turm die Orientierung, und die inneren, unendlichen Räume des Turmes werden für ihn zum endlosen Labyrinth.
So verläuft er sich in diesen Räumen und findet dann nicht mehr den Weg aus diesem Turm heraus.
Er kann seine Reise also aus eigener Kraft nicht weiter fortsetzen und ist in seiner eigenen Verwirrung gefangen wie der Träumende von seinen wirren Traumerlebnissen gefangen ist.“