Opera Cycle of Revelation

PETER HÜBNER  ·  DIE INSEL DES GLÜCKS

~ Der uralte Sonnenweg unserer Ahnen zu kosmischem Glück ~

nach den Forschungen, Sammlungen und Aufzeichnungen
der Gebrüder Grimm



Die Regenbogenschlösser der Nacht

Das Regenbogenschloß des Neumonds


Als die Ge­schwis­ter auf der un­ters­ten Brü­cken­stu­fe in das ers­te Schloß ein­tra­ten, da emp­fing sie so­fort tief­dunk­le Nacht; Mani konn­te nichts mehr se­hen.

Ihr Bru­der nahm sie bei der Hand und sag­te: „Die­ser Turm ist der ers­te von sie­ben Si­cher­heits­tür­men. Je­der, der den Pa­last über die Brü­cken er­rei­chen will, muß durch die­se sie­ben Tür­me hin­durch­ge­hen.

Das hier herr­schen­de Dun­kel ist das Dun­kel der tiefs­ten Un­wis­sen­heit – wie es die un­be­leb­te Na­tur – bei­spiels­wei­se in den Stei­nen – an­dau­ernd er­fährt.

Wir Men­schen ken­nen die­ses Dun­kel größ­ter Un­wis­sen­heit aus un­se­rem Tief­schlaf – al­so aus je­nem Be­wußt­seins­zu­stand, der auch un­se­ren bei­den re­la­ti­ven Er­fah­rungs­zu­stän­den des Wa­chens und Träu­mens zu­grun­de­liegt.

Die Üben­den auf die­ser In­sel des Glücks ha­ben den Tief­schlaf schon frü­her bei ih­ren Übun­gen auf der In­sel des über­flie­ßen­den Reich­tums über­wun­den – des­halb kann er sie nun nicht mehr über­wäl­ti­gen.“

Mani über­kam plötz­lich ei­ne gro­ße Mü­dig­keit; ganz un­er­war­tet brei­te­te sie sich im­mer mäch­ti­ger in ih­rem In­nern aus; sie be­fürch­te­te, auf der Stel­le in tie­fen Schlaf zu ver­sin­ken.

Doch be­vor sie zur Er­de nie­der­sank, um ein­zu­schla­fen – denn sie konn­te sich nur noch mit al­ler­größ­ter An­stren­gung auf den Bei­nen hal­ten –, fing ihr Bru­der wie­der ganz lei­se an zu sin­gen.

Und so­fort fühl­te Mani sich wie­der er­frischt; nach ei­ni­gen Au­gen­bli­cken war sie wie­der glo­cken­wach – konn­te aber im­mer noch nichts se­hen, denn un­ver­än­dert um­hüll­te sie die Dun­kel­heit.

Als sie auf der an­de­ren Sei­te aus dem Schloß he­raus­tra­ten und auf den nächs­ten Brü­cken­bo­gen schrit­ten, der wei­ter hin­auf zum Pa­last führ­te, da hör­te Sol auf zu sin­gen und er­klär­te sei­ner Schwes­ter:

„Je­der, der nicht ge­übt ist, sei­ne Sin­ne mit dem ener­gie­rei­chen Licht der in­ne­ren Er­kennt­nis wach­zu­hal­ten, ver­fällt in die­sem Turm dem Schlaf; denn hier in die­sem Schloß herr­schen die­je­ni­gen mäch­ti­gen kos­mi­schen Kräf­te, wel­che in der Na­tur die Ge­dan­ken und die Sin­ne der Wahr­neh­mung zü­geln – so als wä­ren die­se mäch­ti­ge Ros­se.

So­bald nun ein Mensch den Turm be­tritt, be­wir­ken die­se kos­mi­schen Kräf­te ei­ne Ver­min­de­rung sei­ner geis­ti­gen Ak­ti­vi­tät und füh­ren bis zum voll­stän­di­gen Still­stand des Den­kens.
Gleich­zei­tig set­zen sie al­le Kör­per­funk­tio­nen her­ab, so daß sich im Ner­ven­sys­tem ei­ne gro­ße Ru­he und Ent­span­nung ein­stellt.

Die tie­fe Stil­le im In­nern des Tur­mes ist nur Aus­druck die­ses Vor­gangs. Wenn nun der mensch­li­che Geist kei­ne Ge­dan­ken mehr er­zeu­gen kann, weil sich sei­ne Wo­gen wie die Wel­len ei­nes Oze­ans bei Wind­stil­le be­ru­hi­gen – und wenn sei­ne Sin­ne auch nicht mehr wahr­neh­men, weil sie nicht ge­lernt ha­ben, im Zu­stand völ­li­ger Geis­tess­til­le wach zu blei­ben –, dann le­gen sich die Sin­ne zur Ru­he und schla­fen ein wie er­mat­te­te Tie­re.

Und wenn nun das ei­ge­ne, in­ne­re, selbst­leuch­ten­de Er­kennt­nis­ver­mö­gen auch noch nicht ent­deckt ist, weil der Mensch bis­her kei­ne Ge­le­gen­heit da­zu hat­te, die ent­spre­chen­den Übun­gen hier­zu durch­zu­füh­ren – und wenn von au­ßen, aus der Um­welt, dann auch kei­ne star­ken, an­re­gen­den Im­pul­se mehr auf ihn ein­drin­gen und ihn wach­hal­ten –, dann ver­fällt er in den tie­fen, traum­lo­sen Schlaf; er schläft al­so im Turm ein und kann des­halb nicht mehr wei­ter­ge­hen.

Für Men­schen, wel­che ih­ren Tief­schlaf nicht be­siegt ha­ben, bie­tet die­ser Turm hier al­so ei­ne ganz na­tür­li­che, ab­so­lu­te Gren­ze.“










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