Opera Cycle of Revelation

PETER HÜBNER  ·  DIE INSEL DES GLÜCKS

~ Der uralte Sonnenweg unserer Ahnen zu kosmischem Glück ~

nach den Forschungen, Sammlungen und Aufzeichnungen
der Gebrüder Grimm



Der mittlere Erkenntnisring im Lichte der Sonne


Und so­we­nig wie wir nach un­se­rer Hand oder nach un­se­rem Ohr oder nach un­se­rem Den­ken oder Füh­len ir­gend­wo­hin lau­fen müs­sen, um es et­wa zur Nut­zung erst noch her­bei­zu­ho­len, so­we­nig sieht – der in­ne­ren Na­tur sei­ner Er­kennt­nis nach – der Ein­heits­be­wuß­te ein, daß er aus Grün­den ir­gend­ei­ner zu­sätz­li­chen per­sön­li­chen Er­fül­lung oder zu­guns­ten ir­gend­ei­nes Fort­schritts selbst ir­gend­wo hin­ge­hen müß­te – ja, er meint ge­ra­de­zu, ei­ne sol­che Idee wä­re völ­lig un­re­a­lis­tisch.

„Wo soll ich denn hin­ge­hen“, fragt er, „wo ich doch mei­ne gan­ze Um­welt nur als ei­nen Teil mei­ner selbst er­ken­ne? Soll ich denn noch ein­mal zu­sätz­lich in mich hi­nein­krie­chen?

Aus der Sicht der na­tür­li­chen Ein­heit des Le­bens und der Welt ha­ben äu­ße­re Ver­schie­den­hei­ten so­we­nig Be­deu­tung wie die Ver­schie­den­heit der Tei­le ei­ner Hand vom gan­zen Men­schen als de­ren Trä­ger.

Ei­nes ist dem Ein­heits­be­wuß­ten je­doch un­ver­rück­bar klar: al­le Ver­schie­den­heit er­scheint nur rein äu­ßer­lich, ober­fläch­lich und hat den glei­chen Wert wie beim ein­zel­nen die Ver­schie­den­heit sei­nes Füh­lens und sei­nes Hö­rens – wel­che bei­de doch nur Tei­le sei­ner selbst sind und kei­nes­falls ge­trennt von ihm ir­gend­wo an­ders exis­tie­ren als nur bei ihm selbst.

Des­halb wen­den die Sol­da­ten Helgis ih­re Auf­merk­sam­keit auch nir­gend­wo an­ders mehr hin, als nur zu den gol­de­nen Krie­gern, wel­che die Ein­heit dar­stel­len.

Ganz an­ders aber ver­hält es sich nun mit den Söh­nen des Kö­nigs: die­se den­ken an den gro­ßen Wei­sen Se­her­mund und er­ken­nen ihn durch­aus noch als von sich ge­trennt.

Dies ist ih­nen im Zu­stand des Ein­heits­be­wußt­seins nur mög­lich, weil sie dem gro­ßen gött­li­chen Wei­sen ge­gen­über in sich selbst ein Ge­fühl und ei­ne Be­wußt­heit gren­zen­lo­ser Hoch­ach­tung ent­wi­ckelt und er­hal­ten ha­ben – ei­ne Ehr­furcht, wel­che auch nicht vom über­mäch­ti­gen Be­wußt­sein der Ein­heit über­strahlt wer­den kann.

Denn von der Ebe­ne ih­res Her­zens her wür­den sie es nie und nim­mer wa­gen, sich mit dem hei­li­gen Mann auf ei­ne Stu­fe zu stel­len – so wie sie dies in ih­rem Ein­heits­be­wußt­sein mit der ge­sam­ten Welt sonst durch­aus tun.

Wenn sie auch die gan­ze Welt als ei­nen Teil ih­rer selbst er­ken­nen und er­fah­ren – in be­zug auf den mäch­ti­gen Wei­sen er­scheint ih­nen ei­ne sol­che Sicht ver­mes­sen; „wie“, so den­ken sie, „könn­te die­ser gro­ße, gött­li­che Meis­ter ein Teil mei­ner selbst sein?

Die Wahr­heit ist doch wohl eher, daß ich selbst ein Teil sei­ner selbst bin!“

Auf die­se Wei­se bleibt bei ih­nen die Ein­heits­er­kennt­nis ge­öff­net wie ei­ne un­end­li­che Kluft.
Und mit die­ser Rest-Kluft im Fel­de ih­rer Ge­sin­nung stre­ben die Söh­ne des Kö­nigs nun zu Se­her­mund hin; denn von al­len We­sen, die in der Welt exis­tie­ren, kann nur noch er die­se un­end­li­che Kluft in ih­rem Ein­heits­be­wußt­sein über­brü­cken hel­fen.

Im Ein­heits­be­wußt­sein sind un­se­re Sin­ne hell­wach. Doch auch un­se­re drei­fa­che Er­kennt­nis­kraft ist kri­stall­klar: un­ser Ver­stand, un­ser Ge­fühl und un­ser In­tel­lekt – denn macht­voll durch­dringt der kos­mi­sche Le­bens­atem al­le die­se Er­kennt­nis­or­ga­ne.

Wenn wir Men­schen uns mit un­se­ren in­ne­ren Er­kennt­nis­mit­teln in die­sem Zu­stand der Ein­heit be­fin­den, dann ste­hen uns gleich­sam gött­li­che Waf­fen oder Werk­zeu­ge zur Ver­fü­gung.

Als die ein­hun­dert­und­acht Söh­ne Helgis zu dem gött­li­chen Wei­sen kom­men, da singt Se­her­mund nur ei­nen kur­zen, zar­ten Ton, der aber al­le kos­mi­sche Viel­falt in sich birgt; und kaum dringt die­ser voll­kom­me­ne uni­ver­sa­le Ton in die Her­zen der Söh­ne Helgis ein, da er­gießt sich sei­ne gan­ze, in­ne­woh­nen­de viel­fäl­ti­ge Ein­heit in die zu dem gro­ßen, gött­li­chen Mann hin of­fen­ge­las­se­ne, un­er­meß­li­che Kluft.

Und der die­sem Ton in­ne­woh­nen­de, voll­kom­me­ne Le­bens­atem dringt in das Feld der Ein­heits­er­kennt­nis ein und er­füllt es mit un­end­li­chem Le­ben.










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