Opera Cycle of Revelation

PETER HÜBNER  ·  DIE INSEL DES GLÜCKS

~ Der uralte Sonnenweg unserer Ahnen zu kosmischem Glück ~

nach den Forschungen, Sammlungen und Aufzeichnungen
der Gebrüder Grimm



Die Geschichte des Mannes mit dem goldenen Bart


Als schließ­lich wie­der Ru­he ein­ge­tre­ten war, fuh­ren die ver­ab­schie­de­ten Sol­da­ten fort:
„Ho­he Her­ren! Der jun­ge Kö­nigs­sohn hat sein Glück ge­macht!“

Ein lan­ges tie­fes Auf­at­men durch­zog die be­drück­ten Her­zen der ge­plag­ten Mi­nis­ter.

„Der Prinz Eu­res Lan­des hat in ei­nem weit ent­fern­ten und sehr, sehr rei­chen Lan­de die ein­zi­ge Toch­ter des dort herr­schen­den, über­aus wohl­ha­ben­den Kö­nigs ge­hei­ra­tet, und sie hat ihm auch schon ein herr­li­ches, hoch­be­gab­tes, ja ge­ra­de­zu au­ßer­ge­wöhn­lich be­fä­hig­tes Töch­ter­chen ge­bo­ren, auf das be­son­ders der dor­ti­ge, un­er­meß­lich rei­che Herr­scher stolz ist.

So hat uns der Prinz hier­her­ge­sandt, Euch mit­zu­tei­len, daß er wohl­auf sei und Euch al­le herz­lichst grüße und daß er Euch bit­te, ein – sei­nem ei­ge­nen ho­hen Stan­de an­ge­mes­se­nes – Braut­ge­schenk zu ver­lan­gen; wenn es sein Land hier – auf­grund sei­nes ei­ge­nen Reich­tums – auch nicht nö­tig ha­be, so ver­lan­ge dies je­doch zu­min­dest schon der al­te Adel sei­nes Kö­nigs­ge­schlech­tes. Und viel­leicht kann das Braut­ge­schenk ja auch hier und da noch in der Staats­kas­se von Nut­zen sein.“

Da at­me­ten die Mi­nis­ter noch ein­mal ge­mein­sam tief auf, und ein gro­ßer Stein fiel je­dem von sei­nem Her­zen – be­son­ders aber dem Fi­nanz­mi­nis­ter und dem Wirt­schafts­mi­nis­ter.

Die stan­den jetzt bei­de – ganz ent­ge­gen der üb­li­chen Ge­wohn­heit – am hin­te­ren En­de des gro­ßen Sit­zungs­saa­les la­chend zu­sam­men und rie­ben sich ver­gnügt die Hän­de; wie­vie­le Las­ten der Ver­ant­wor­tung wur­den da mit ei­nem­mal durch die in­tel­li­gen­ten Wor­te der bei­den Ge­sand­ten von ih­nen ge­nom­men, dach­ten die bei­den.

Wenn sich die Mi­nis­ter auch bei­na­he schon an den Ge­dan­ken ge­wöhnt hat­ten, daß es not­falls auch ohne Kö­nig ge­he – und daß die Mo­nar­chie nicht un­be­dingt die ein­zig mög­li­che Staats­form sei –, so hat­te ih­nen der Druck der Geld­knapp­heit doch sehr zu­ge­setzt und ih­re Ner­ven schon aufs äu­ßers­te be­las­tet.

Und vor dem Vol­ke ka­men sie sich durch die vie­len nicht ganz ge­ra­den We­ge der staat­li­chen Geld­be­schaf­fung schon oft ein we­nig wie Be­trü­ger vor.

Ja! dach­te je­der bei sich, wenn der Kö­nigs­sohn nun zu­rück­kä­me und da­zu auch noch so viel Geld mit­bräch­te, daß sie die­se Sor­ge ein für al­le­mal los wä­ren, dann wür­de sie dies mehr als freu­en.

Sie al­le sehn­ten sich nach der Zeit zu­rück, als sie sich noch als ehr­ba­re Mi­nis­ter auf der Stra­ße se­hen las­sen konn­ten, ohne mit dau­ern­den Bit­ten be­lä­stigt zu wer­den – von even­tu­el­len Dro­hun­gen ganz zu schwei­gen.

Da­mals wa­ren die Ge­sich­ter auf der Stra­ße noch zu­frie­den und lä­chel­ten ih­nen im­mer nur dank­bar ent­ge­gen, und kei­ner woll­te et­was von ih­nen, denn je­der war glück­lich und hat­te, was er brauch­te.

„Wie hat der Prinz das nur ge­macht?“ dach­te so manch ei­ner von den Mi­nis­tern.
„Wie kam es nur da­zu, daß die rei­che Kö­nigs­toch­ter ihn hei­ra­te­te? Er hat­te ja selbst gar kei­ne gro­ßen Gel­der oder Wert­sa­chen da­bei.

Viel­leicht meint er so­gar, hier, in sei­ner Hei­mat, schwimmt je­der im Geld und die Staats­kas­sen lau­fen nur so über vor Gold und Edel­stei­nen – wie in al­ten Zei­ten.
Na, ist ja auch egal, wie er‘s er­reicht hat: er hat‘s er­reicht, nur das zählt!

Jetzt kann er uns aus der schwie­ri­gen La­ge he­raus­hel­fen; ach was! Uns? Sein gan­zes Land baut ja auf die Hil­fe des Kö­nigs, im­mer schon!
Ist der Kö­nig reich – ist das Land reich; ist der Kö­nig arm – ist auch das Land arm; ist gar kein Kö­nig da, wie soll da das Land reich sein?

Wir, die Mi­nis­ter, sind je­den­falls nicht reich. Wä­ren wir so reich wie ein rich­ti­ger, mäch­ti­ger Kö­nig – et­wa wie un­ser frü­he­rer Kö­nig dies auch war –, dann wä­re na­tür­lich auch das Land reich.
Aber wir sind nun mal nicht reich, des­halb muß der rei­che Kö­nigs­sohn wie­der­kom­men.“










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