PETER HÜBNER · DIE INSEL DES GLÜCKS
~ Der uralte Sonnenweg unserer Ahnen zu kosmischem Glück ~
nach den Forschungen, Sammlungen und Aufzeichnungen
der Gebrüder Grimm
Auf der nächsten Waldlichtung sah Mani eine große Schmiede aufgebaut. Sie war aus Gold und Silber gefertigt. Inmitten der Werkstatt stand eine schmuckvolle Esse, aus welcher eine blendendweiße, rauchlose Flamme mit rotblauer Umrandung hervorschoß.
Und vor der fauchenden Esse stand ein junger Mann und blies unablässig in die strahlende Glut, so daß diese immer heller aufleuchtete.
Mit einer goldsilbernen Zange hielt er einen Ring in die erzitternde Glut, bis dieser sich völlig mit dem glühenden Brand vereinte und davon nicht mehr zu unterscheiden war.
Nun zog der Mann den Ring zurück, fuhr aber unablässig fort, auf diesen einzublasen.
Da bildeten sich wie von zauberhafter Hand gewirkt im Inneren des Ringes vielfarbige Adern von leuchtender Pracht; und schließlich sah der eben noch so weißgleißende Kreis aus wie ein in sich selbst einmündender Regenbogen.
Dieser farbige Lichtkranz war von unzähligen, fliegenden Glutfunken durchzogen und glich einer gewölbten Milchstraße.
Immer, wenn die Sterne aneinanderstießen, strebten sie aus dem Inneren des Leuchtringes nach außen, als wollten sie aus dem Kreis herausspringen.
Doch dann trieb der junge Schmied sie mit seinem Atem wieder in den Kreis zurück und gab dabei jedem einzelnen Funken im Raume des Ringes seine Stelle.
Doch standen die zurückgelenkten Glutfunken dort nicht still, sondern sie bewegten sich jetzt wie nach einem unergründlichen, geheimen Plan auf leuchtenden Bahnen durch den ganzen Ring hindurch, ohne wieder aneinanderzustoßen.
Als der kunstfertige Mann nun alle die unzähligen Glutfunken zauberkräftig geordnet hatte, da schlug er mit seinem goldsilbernen Hammer dreimal in die Mitte des Ringes, trieb die kleinen Sonnen, welche sich dort noch frei tummelten, auch noch in den Strahlenring und gab auch diesen mit der Kraft seines Atems wieder ihre Bahn.
Jetzt sah das golden schillernde Gebilde aus wie ein ganz eigenes, feines Universum, welches sich innerhalb des Ringes immer und immer wieder nach den Gesetzen einer kosmischen Ordnung schöpferisch durchdrang.
Die ganze Sternenstraße war in einen zarten, silberweißen Nebel gehüllt, welcher die goldenen Strahlen der einzelnen, wandernden Sonnen zu kühlen schien ohne jedoch deren Leuchtkraft zu schmälern.
Nun tauchte der junge Schmied den Ring in einen kristallklaren Brunnen, welcher sich neben der Esse befand.
Und als das Wunderwerk vom reinen Wasser dieser Quelle benetzt wurde, da legten sich die inneren, silberweißen Nebel wie eine feste Schutzhülle um den ganzen Ring und machten ihn undurchsichtig; so erglänzte er nun in silberweißer Pracht, aus welcher ein ganz feiner goldener Glanz hervorschimmerte.
Der junge Mann nahm den abgekühlten Ring mit seiner Hand von der silbergoldenen Zange herunter und übergab ihn seinem Lehrer, welcher schon die ganze Zeit über von seinem Thron die Schmiedekunst seines Zöglings mit wachem, gütigen Blick verfolgt hatte.