Opera Cycle of Revelation

PETER HÜBNER  ·  DIE INSEL DES GLÜCKS

~ Der uralte Sonnenweg unserer Ahnen zu kosmischem Glück ~

nach den Forschungen, Sammlungen und Aufzeichnungen
der Gebrüder Grimm



Ring der äußeren Erkenntnisübungen im Lichte des Mondes


Aber der Mül­lers­sohn woll­te gar nicht an ihm vor­bei­ge­hen, son­dern blieb auch so­fort ste­hen und grüß­te ihn freund­lich, was der al­te Mann ge­nau­so herz­lich er­wi­der­te.

Und als der Mann ihn dann um et­was Brot frag­te, kam die­se Bit­te Hans ge­ra­de ge­le­gen; denn so hoff­te er, mit ihm ein we­nig plau­dern zu kön­nen.

„Ger­ne“, sag­te Hans des­halb. „Setzt Euch nur her zu mir, der Weg ist zwar nicht sehr breit, aber für zwei reicht er be­quem aus.“ Er reich­te ihm Brot und füll­te ihm den Be­cher mit Was­ser.

Der al­te Mann be­dank­te sich und frag­te nach ei­ner Wei­le: „Was habt Ihr denn vor, daß Ihr Euch auf Wan­der­schaft be­fin­det?“
„Zum Zaren will ich und um des­sen Toch­ter frei­en, denn so will es mein Va­ter“, ant­wor­te­te Hans.

„Ja, willst du denn die Za­ren­toch­ter hei­ra­ten?“ frag­te ihn nun der Frem­de er­neut.

„Ei­gent­lich ha­be ich et­was an­de­res im Sinn – und au­ßer­dem ken­ne ich das Mäd­chen ja über­haupt nicht; al­le sa­gen, sie sei sehr schön – mehr weiß ich auch nicht“, er­wi­der­te Hans; „und au­ßer­dem mag es ja auch sein, daß sie mich gar nicht will; denn auch sie kennt mich ja gar nicht.

Und was will der Zar mit ei­nem Schwie­ger­sohn, der gar nichts Prak­ti­sches ge­lernt hat; denn ich bin bis­her im­mer nur zu Hau­se ge­we­sen und ha­be mir in die­ser Zeit nur so al­ler­lei Ge­dan­ken ge­macht.

Vie­le Fra­gen sind mir da­bei wohl in den Sinn ge­kom­men, auf die ich mir bis heu­te je­doch kei­ne be­frie­di­gen­de Ant­wort ge­ben konn­te.

Ne­ben der Tat­sa­che, daß ich nicht tüch­tig ein Hand­werk er­lernt ha­be wie mei­ne Brü­der, bin ich al­so auch nicht ge­ra­de ein wei­ser Mann ge­wor­den; aber den­noch er­bli­cke ich in der Welt vie­le schö­ne Din­ge, die mein Glück er­hö­hen.“

„Bist du denn da gar nicht in Eile, recht­zei­tig auf dem Fest des Zaren zu er­schei­nen, oder ist es noch lang hin, bis du dort sein mußt?“ frag­te der Mann wei­ter.

„Ich kann das gar nicht be­ur­tei­len“, ant­wor­te­te ihm Hans, „denn ich weiß über­haupt nicht, wie weit es zum Hof des Zaren ist; ich war näm­lich noch nie da.

Au­ßer­dem kann ich mich leicht in der Zeit ver­schät­zen; denn auf der gan­zen bis­he­ri­gen Rei­se ha­be ich mich im­mer nur mit den schö­nen Din­gen be­schäf­tigt, die mich um­ga­ben, und mit den Be­woh­nern des Wal­des ge­plau­dert, und da ha­be ich oft die Zeit und das Rei­se­ziel et­was aus den Au­gen ver­lo­ren – wenn ich auch bis­her im­mer zü­gig vor­an ge­schrit­ten bin.

Da­bei fällt mir ein, daß der Zar ver­langt hat, der Be­wer­ber sol­le ein Schiff mit­brin­gen, mit wel­chem man zu Was­ser, auf der Er­de und durch die Luft fah­ren kann, und das müß­te ich auch noch be­sor­gen; aber bis­her ist mir hier­zu noch kei­ne Lö­sung ein­ge­fal­len, wie ich ein sol­ches wun­der­vol­les Fahr­zeug er­lan­gen könn­te.“

„Glaubst du denn, daß es ein sol­ches Zau­ber­schiff über­haupt ge­ben könn­te?“ frag­te der al­te Mann nun wei­ter.

„War­um nicht“, ant­wor­te­te Hans freund­lich, „ich hab‘ zwar noch kei­nes ge­se­hen, und ich ha­be auch noch von nie­man­dem ge­hört, daß er je ei­nes er­blickt hät­te; aber mir selbst ist schon so man­ches auf­ge­fal­len, wo­ran die Men­schen üb­li­cher­wei­se nie­mals glau­ben.
Des­halb ha­be ich auch nie mit an­de­ren dar­über ge­spro­chen.
Was ich selbst er­fah­ren ha­be, müß­te für an­de­re noch un­glaub­wür­di­ger klin­gen als die Idee ei­nes flie­gen­den Schif­fes.

So hal­te ich die Exis­tenz ei­nes sol­chen Fahr­zeugs durch­aus für mög­lich; es wä­re nicht das größ­te Wun­der, das ich er­lebt ha­be – auch wenn ich es mir selbst nicht zu­traue, ein sol­ches Schiff zu bau­en.

Aber die Welt ha­be ich ja auch nicht ge­baut, und sie ist vol­ler klei­ner und gro­ßer, herr­li­cher, be­glü­cken­der Wun­der – wie Ihr das si­cher­lich viel bes­ser wißt als ich, denn bei Euch ent­de­cke ich tie­fe­res Glück als bei mir.

Dies be­zeugt mir, daß Ihr mehr vom Le­ben wißt, und ich bin froh, Eu­re Be­kannt­schaft ge­macht zu ha­ben; Eu­re Er­schei­nung stärkt in mir selbst näm­lich auch die Über­zeu­gung, daß die Zeit auch al­le mei­ne Fra­gen be­frie­di­gend be­ant­wor­ten kann.“
„Soso“, sag­te der Mann und nick­te mit dem Kopf.

„Mei­ne zwei Brü­der ha­ben es schon vor mir ver­sucht, aber es ist ih­nen nicht ge­lun­gen“, er­zähl­te Hans.

Der Al­te nick­te zu­stim­mend und lä­chel­te.










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