Opera Cycle of Revelation

PETER HÜBNER  ·  DIE INSEL DES GLÜCKS

~ Der uralte Sonnenweg unserer Ahnen zu kosmischem Glück ~

nach den Forschungen, Sammlungen und Aufzeichnungen
der Gebrüder Grimm



Ring der äußeren Erkenntnisübungen im Lichte des Mondes


So stand Hans oft ver­son­nen im La­ger und be­trach­te­te voll freu­di­ger Auf­merk­sam­keit die vie­len, gol­de­nen Kör­ner. Da­bei lern­te er ganz all­mäh­lich und ohne be­son­de­res Be­mü­hen, de­ren Ge­sich­ter zu er­ken­nen und zu le­sen; denn ne­ben der Ras­sen­zu­ge­hö­rig­keit, wel­che sich in der all­ge­mei­nen Farb­ge­bung so­wie in Form und Grö­ße äu­ßer­te, hat­te je­des ein­zel­ne Korn noch sein ganz ei­ge­nes Ge­sicht.

Manch­mal er­kann­te Hans gan­ze Fa­mi­li­en, die zu­sam­men an­ge­reist wa­ren und sich nun der fri­schen, lauen Luft er­freu­ten, wel­che das La­ger un­un­ter­bro­chen durch­ström­te.

Ei­nes fiel dem Jüngs­ten be­son­ders auf: daß al­le Ge­sich­ter ihm im­mer­fort glück­lich zu­lä­chel­ten, so als wüß­ten sie gar nicht, daß sie ge­mah­len wer­den soll­ten.
Oder wuß­ten sie viel­leicht, daß die­ses Mah­len sie in ih­rem se­li­gen We­sen gar nicht be­rüh­ren konn­te?

Mit die­ser Fra­ge be­schäf­tig­te sich Hans un­ent­wegt; er ver­such­te he­raus­zu­be­kom­men, was hin­ter dem We­sen die­ser gol­de­nen Kör­ner steck­te, die ja ent­we­der mit gro­ßem Hel­den­mut in den Tod gin­gen oder aber ih­rem We­sen nach un­sterb­lich wa­ren und dies auch wuß­ten.

Das un­er­gründ­li­che Lä­cheln ih­rer Ge­sich­ter be­zeug­te ihm auf je­den Fall bei den Kör­nern ei­ne ei­ge­ne Los­ge­löst­heit von die­ser sei­ner bren­nen­den Fra­ge­stel­lung.

Die Kör­ner wuß­ten mehr als er, aber sie ver­rie­ten ihm nur so­viel, daß sie sich ent­we­der mit Freu­de in ein un­ge­wis­ses Schick­sal hi­nein­be­ga­ben oder aber, daß sie über die­sem Schick­sal stan­den.

Selbst wenn er manch­mal in der Müh­le stand und sah, wie die Kör­ner zer­mah­len wur­den, da war es ihm ei­gent­lich gar kein Zer­stö­ren oder Zer­klei­nern; es kam ihm viel­mehr so vor, als wür­de das In­ne­re, das Ge­müt, wel­ches ja si­cher­lich hin­ter je­dem Ge­sicht steck­te, nur nach au­ßen ge­kehrt und jetzt of­fen­bar – wäh­rend gleich­zei­tig das Ge­sicht hin­ter dem Ge­müt zu­rück­trat.

Und wenn dann in sol­chen Mo­men­ten der in­ne­ren Be­trach­tung ein­mal sein ge­lieb­ter Va­ter hin­zu­trat, den Sohn auf­merk­sam an­sah und dann wa­chen, ver­stän­di­gen Bli­ckes zum Mehl hin­blick­te und kri­tisch des­sen Fein­heits­grad prüf­te, dann er­schien es Hans, als hät­te der Va­ter schon im­mer die glei­chen Ge­dan­ken ge­habt wie auch er; und an dem leuch­ten­den, still lä­cheln­den Ge­sicht des gü­ti­gen Va­ters er­kann­te er, daß die­ser sich selbst all die drän­gen­den Fra­gen be­reits be­ant­wor­tet hat­te – auch wenn er nie dar­über sprach oder über die­ses Wis­sen ir­gend­ei­ne An­deu­tung ge­macht hät­te.

Doch nun rief der Mül­ler sei­ne drei Söh­ne zu sich. Er er­zähl­te ih­nen von der ge­stell­ten Auf­ga­be des Zaren und von dem Lohn, wel­cher dem­je­ni­gen wink­te, der die­se Auf­ga­be er­füll­te.

Er sag­te: „Ich will ger­ne al­les auf­wen­den, was ich ha­be, wenn es zu eu­rem Glück dient. Ver­sucht‘s al­so, ob ei­ner von euch ein sol­ches Schiff zu­we­ge bringt!“ Die Söh­ne wa­ren wohl al­le so­gleich da­zu be­reit. Aber Heinrich, der Äl­tes­te, äu­ßer­te Be­den­ken; er frag­te, wer denn die Müh­le wei­ter­füh­ren sol­le, wenn er Zar wä­re und die Re­gie­rungs­ge­schäf­te sei­ne vol­le Zeit in An­spruch näh­men.

Er ha­be sich nun mit viel Mü­he und Fleiß all das gu­te Wis­sen vom Va­ter an­eig­nen dür­fen; und au­ßer­dem lie­be er sei­ne Ar­beit zu sehr, als daß er sie auf­ge­ben wol­le. Au­ßer­dem zwin­ge ihn die Ver­ant­wor­tung da­zu, nach al­ter, her­ge­brach­ter Tra­di­tion die Müh­le in der glei­chen Wei­se wei­ter­zu­füh­ren, wie dies schon un­zäh­li­ge Ge­ne­ra­tio­nen vor ih­nen ge­tan hät­ten.










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