
PETER HÜBNER · DIE INSEL DES GLÜCKS
~ Der uralte Sonnenweg unserer Ahnen zu kosmischem Glück ~
nach den Forschungen, Sammlungen und Aufzeichnungen
der Gebrüder Grimm
Die Schattenbilder der Wirklichkeit
am silberweißen Tor zur Transzendenz
Die beiden Erscheinungsformen
der Schicksalswirkerinnen
Nun vernahm Mani aus weiter Ferne ein fürchterliches Rumpeln, so als würden riesige Felsen herangerollt. Um die Geschwister herum fingen die Bäume an, sich zu rühren.
Mit ihren großen, knorrigen Wurzeln traten sie aus dem Erdreich heraus und begannen umherzuirren, als suchten sie bessere, stillere Wohnplätze.
Selbst das Gras und alle Sträucher machten es den Bäumen nach, entwichen der Klammerung des Bodens und rannten nach allen Seiten durcheinander.
Das Rumpeln kam derweil unaufhaltsam näher, und Getöse erfüllte die ohnehin schon windgetriebene Luft.
Der Mondhof erzitterte, bildete einen schwarz-weiß-roten, bebenden Kranz und gab, während er sich verdunkelte, einen schrillen Klang von sich.
Nun begann der Boden zu erzittern; und mit der Zunahme des Dröhnens begannen nun auch unter dem umherziehenden Wald die Felsen zu beben und stießen dumpfe Laute aus.
Da erblickte Mani drei riesengroße, häßliche Weiber dahertrotten; in alte, rauhe Lumpen gehüllt, warfen sie sich drei berghohe Felsen zu so, als spielten sie damit Ball.
Und immer wenn einer der Steinkolosse bei seinem Fluge irgendwelchen Bäumen zu nahe kam, dann rannten diese sogleich mit eiligen Schritten auf ihren langen Wurzeln zur Seite fort, als ginge es um ihr Leben.
Fiel der Felsbrocken aber zur Erde nieder, weil ihn eine der Werferinnen gerade einmal nicht aufgefangen hatte, dann rannte auch schon das Gras nach allen Seiten davon, Würmer und Käfer krochen in Panik aus dem Erdreich und flohen vor dem herabstürzenden Ungetüm, welches schließlich mit ungeheurem Getöse auf die erdbedeckten Felsen krachte und die Erde spaltete.
Tiere aller Art rannten wirr durcheinander und suchten Schutz vor den Urgewalten.
Die drei gräßlichen Riesenweiber schienen aber selbst von dem ganzen Aufruhr, den sie in ihrer Umgebung hervorriefen, überhaupt nicht berührt zu sein.
Ihre im stark behaarten Kopf schief sitzenden Augen schielten kaum zu all den in wildester Panik Fliehenden hin, sondern waren immerfort nur auf die ungeheuren Felsbrocken gerichtet, mit denen sie sich vergnügten.
Manchmal nahm auch die eine oder andere der Riesinnen einen dieser Berge und setzte ihn sich auf den Kopf, oder sie ließ ihn in ihrer derben Schürze verschwinden, so daß dann alle drei nur noch mit einem oder zwei Felsbrocken warfen und so die Natur in Aufruhr versetzten.
Außerdem trug noch jedes der drei Weiber eine große Spindel mit, auf welcher sie andauernd mit einer Hand spannen; dabei knüpften sie ihre drei Fäden zu einem schwarz-weiß-roten Seil zusammen.
Den Strick legten sie um alles herum, was ihnen in den Weg kam um Bäume, Sträucher, Tiere, Vögel, selbst um Gräser, Käfer und Ameisen, ja sogar um das winzigste Pflänzchen oder Getier, aber auch um alle Steine, Erdhaufen, und um den Mond und um die Gestirne , so als wollten sie deren freien Lauf hemmen und kontrollieren.
Dadurch, daß sie dies taten, wurde alles um die Riesinnen herum gefesselt, gebannt und fest zusammengebunden; denn die kreuz und quer durch die ganze Natur verlaufenden Fäden wurden außerdem noch von ihnen zusammengewebt.
Hierzu bedienten sie sich eines großen Webstuhles, den sie auch noch mit sich schleppten.