
PETER HÜBNER · DIE INSEL DES GLÜCKS
~ Der uralte Sonnenweg unserer Ahnen zu kosmischem Glück ~
nach den Forschungen, Sammlungen und Aufzeichnungen
der Gebrüder Grimm
Der mittlere Geistesring im Lichte des Mondes
Die schöpferische Kunst der Verwandlung
Auf der nächsten Lichtung stießen die Geschwister auf einen lebhaften Tumult. Im Lichte des Vollmonds sahen sie eine Verfolgungsjagd, bei der ein Schwarm krächzender Krähen einer ihrer Genossinnen nachstellte.
Kaum jedoch hatten sie die übermütig flatternde auf der Astgabel eines hohen Baumes gestellt, da verwandelte sie sich schnell in ein Eichhörnchen und lief flink den Stamm hinab.
Sofort folgten auch die anderen ihrem Beispiel, und weiter ging die wilde Jagd.
Doch am Fuße des Baumes sah Mani das verfolgte Eichhörnchen plötzlich nicht mehr; es war wie vom Erdboden verschluckt.
Und kaum waren auch die anderen am Grunde des Stammes angelangt, schienen auch diese sich in Luft aufzulösen.
„Siehst du, jetzt haben sie sich in Ameisen verwandelt und klettern schon wieder den Stamm empor“, erklärte Sol seiner Schwester welche aber die kleinen Tiere auf diese Entfernung nicht mehr erkennen konnte.
Sie sah jedoch im Mondlicht am Stamm ein gewisses Glitzern, das sich nach oben bewegte, und schloß daraus, daß dies wohl die Ameisen seien.
Doch plötzlich war auch das Glitzern wieder verschwunden.
„Nun haben sie sich in Holzwürmer verwandelt und fressen sich durch den Pfahl hindurch“, erklärte Sol weiter. „Gleich werden wir sie wieder sehen.“
Und bald gewahrte Mani vier runde Tatzen, welche sich behende den dicken Leib des Baumes herabbewegten, und diesen folgten sofort wieder eine Reihe anderer solcher Pfoten.
Unten trat dann ein dicker, brauner Bär hinter dem Stamm hervor und lief über die Lichtung vom Baume fort.
Dabei rollte er sich öfters zusammen und kullerte dann wie ein großer, behaarter brauner Ball über den grünen Rasen.
Die anderen folgten auch hier seinem Beispiel, und man konnte leicht erkennen, wieviel Spaß ihnen allen die Jagd machte.
Nun verwandelte sich der erste Bär in einen Schmetterling und taumelte anmutig, als wäre ihm noch vom Rollen schwindelig, über die Blumenwiese hier und da an den zahlreichen, dicken Blüten naschend.
Sofort folgte auch die Verfolgerschar seinem Vorbild, und der Schmetterlingsschwarm tummelte sich berauscht vor Manis Augen.
Schließlich verwandelte sich der erste Schmetterling in einen großen, starken Elefanten, blieb abwartend stehen und sah zu den anderen zurück.
Der zweite Falter verwandelte sich in einen gewaltigen Tiger mit funkelnden Augen. Er sprang dem Elefanten auf den Rücken und lauerte dort erwartungsvoll.
Der dritte Schmetterling nahm die Form eines Wolfes an und sprang mit einem mächtigen Satz erst auf den Elefanten und dann weiter auf des Tigers Rücken.
Ihm folgte sogleich eine Wildkatze. Behende lief sie am Rüssel, den der Elefant ihr hinstreckte, empor und kauerte sich auf den Rücken des Wolfes.
Hinter der Katze sprang ein Frosch den Rüssel empor und erklomm mit drei weiteren Sätzen die Leiter der Gestalten.
So saß er nun stolz auf der Höhe und spähte rings umher.
Als jetzt noch der sechste Schmetterling in Adlergestalt geflogen kam und sich auf dem erhobenen Rüssel des Elefanten niederließ, sprang der Frosch zu ihm nach vorne und setzte sich befriedigt zwischen die weichen Fittiche.
Einer der Schmetterlinge verwandelte sich nicht; er setzte sich in die Blume, welche der silbergraue, wachsame Adler in seinem Schnabel hielt.