Opera Cycle of Revelation

PETER HÜBNER  ·  DIE INSEL DES GLÜCKS

~ Der uralte Sonnenweg unserer Ahnen zu kosmischem Glück ~

nach den Forschungen, Sammlungen und Aufzeichnungen
der Gebrüder Grimm



Die Regenbogenschlösser des Tages

Das Regenbogenschloß der aufgehenden Sonne


Mitt­ler­wei­le hat­ten die bei­den Ge­schwis­ter das fünf­te Schloß er­reicht und tra­ten durch das gol­de­ne Tor mit dem Mon­de und dem sil­ber­nen Drei­zack ein. Auch hier emp­fing sie so­fort wie­der leuch­ten­de, sil­ber­wei­ße, glit­zern­de und fun­keln­de Hel­lig­keit; und wie­der ging Mani wie mit­ten durch den Mond hin­durch und wan­del­te be­se­ligt durch den hauch­zar­ten, son­nen­be­strahl­ten Schnee.

Und auch hier fühl­te sie sich so­fort wie­der an den „Wald der stil­len We­ge“ er­in­nert, wo sie ja auch die­se mil­de, küh­len­de und un­end­lich er­fri­schen­de Hel­lig­keit er­lebt hat­te.

Die tie­fe Stil­le, wel­che sie hier wie­der mit ih­ren vie­len, schnee­wei­ßen, wei­chen Ar­men des Lichts um­fing und sie in die über­flie­ßen­den Strö­me der Se­lig­keit hüll­te wie in schäu­men­de Wo­gen voll­stän­di­ger Er­fül­lung, be­raub­te sie wie­der je­der Über­le­gung; denn die­se hät­te ihr ja nur ge­rin­ge­re Se­lig­keit schen­ken kön­nen.

Und ganz na­tür­lich be­ru­hig­te sich wie­der ih­re Ge­dan­ken­welt, in im­mer fei­ne­re Tau­mel der Se­lig­keit ein­tau­chend, bis auch hier in die­sem Turm Mani nur noch emp­fand – schon gar nicht mehr rich­tig dach­te –, nur noch ganz zart ver­spür­te: hier woll­te sie sich auf im­mer und ewig nie­der­las­sen; in die­ser gren­zen­lo­sen, leuch­ten­den, sie so voll­stän­dig er­qui­cken­den Flut der Se­lig­keit wünsch­te sie für al­le Zei­ten nur noch zu ru­hen wie in ei­nem von al­len Sei­ten un­end­lich wei­chen, schnee­wei­ßen, gro­ßen Kis­sen un­be­grenz­ter Le­bens­freu­de – mit al­len Trän­ken der Glücks­milch aus­ge­stat­tet.

Und als Mani nun ge­ra­de ganz fest ent­schlos­sen nie­der­sin­ken woll­te, da wur­de der sil­ber­wei­ße, wie Schnee glit­zern­de, un­end­li­che Raum von ei­nem dunk­len Blitz durch­zuckt.
Sie schreck­te da­vor zu­sam­men – wie wenn sie ge­ra­de et­was Un­an­ge­neh­mes ge­se­hen und er­lebt hät­te.

Die­ser dunk­le Schat­ten­blitz riß sie et­was aus ih­rer se­li­gen, hel­len Stil­le her­aus.
Jen­seits der tie­fen Stil­le, wel­che sie noch wei­ter­hin stark in sich ver­spür­te, ver­mit­tel­te er ihr den Ein­druck von Chao­ti­schem.

Ein dunk­les Bild hek­ti­scher Un­ru­he – so wie ei­ne un­an­ge­neh­me Kampf­sze­ne – tat sich da plötz­lich noch ein­mal in ih­rer se­li­gen Ru­he auf. Und sie ver­ab­scheu­te die­se dunk­le­ren Bil­der, die sie nur aus der Voll­kom­men­heit ih­rer se­li­gen Ru­he her­aus­scheu­chen woll­ten wie wil­de Tie­re.
Dies be­un­ru­hig­te Mani et­was; so blieb sie ste­hen.

Und kaum stand sie still, da herrsch­te wie­der die wun­der­ba­re, leuch­ten­de, glit­zern­de und fun­keln­de Hel­lig­keit des un­end­li­chen Rau­mes vor – ob­wohl die­ser eben noch so be­äng­sti­gend und be­en­gend von dem dunk­len Blitz be­grenzt wor­den war.

Mani glaub­te, wie­der im hauch­zar­ten, son­nen­be­strahl­ten Schnee zu ste­hen – oder im Mon­de.

So­gleich ver­spür­te sie sich auch wie­der von den un­zäh­li­gen, wei­chen Ar­men der Strö­me der Se­lig­keit um­fan­gen und fest in die gro­ßen Kis­sen un­be­grenz­ter Le­bens­freu­de ein­ge­hüllt.

Als Mani nun ge­ra­de wie­der fest ent­schlos­sen nie­der­sin­ken woll­te, um sich nur noch in die­ser se­li­gen Hel­lig­keit zu son­nen, da zuck­te auch schon der nächs­te, dunk­le Blitz durch die lich­te Voll­mond­nacht des un­end­li­chen Rau­mes, be­grenz­te schat­ten­haft, was sich eben noch so un­be­grenzt aus­ge­dehnt hat­te, und schuf über der flie­ßen­den Un­end­lich­keit des Lichts wie­der die künst­li­chen, fest­geb­un­de­nen Schat­ten der Be­gren­zung, so als woll­te er ei­nen dunk­len Dor­nen­strauch vor die flie­ßen­de, hell­er­glän­zen­de Schnee­land­schaft ih­rer Le­bens­freu­de hal­ten.










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