
PETER HÜBNER · DIE INSEL DES GLÜCKS
~ Der uralte Sonnenweg unserer Ahnen zu kosmischem Glück ~
nach den Forschungen, Sammlungen und Aufzeichnungen
der Gebrüder Grimm
Der mittlere Erkenntnisring im Lichte der Sonne
Die Prüfung des Königs
Nun erwidert der Heilige, daß Sawala ihm kein Leid getan habe und er drückt damit vor den Versammelten aus, daß er selbst leiden könne , er spielt hier die Rolle eines Unvollkommenen; in Wirklichkeit kennen die großen Weisen bei sich selbst von ihrer ganzen Natur her gar kein Leiden.
Als Freie sind sie ja losgelöst von der Bindung, und deshalb existieren für sie unerfüllte Wünsche, die ja das Leiden bewirken, nicht.
Diesen Eindruck persönlicher Schwäche und Begrenztheit bestärkt der Heilige dann auch noch, indem er vor allen Anwesenden sagt, der König habe die Kuh mit Gewalt von ihm genommen.
Und diese Aussage stellt nun den König auf eine harte Probe der Selbstbeherrschung; denn Helgi weiß ja ganz genau, daß Sehermund ihn seit er die Einsiedelei betreten hat systematisch in diese Rolle hineingezwungen hat und daß er, der König, hier keinesfalls aus irgendeinem eigenen Entschluß handelt.
Aber Helgi bleibt still und läßt den Vorwurf über sich ergehen.
Durch das stille, geduldige Ertragen dieser ungerechten Anschuldigung wird der König durch die Mithilfe des Heiligen von der Schuld seiner vorherigen Pflichtverletzung freigewaschen; und niemand seiner Anhänger bemerkt irgend etwas davon.
Nun kann der König wieder aufatmen, aber da fährt der Weise auch schon fort: „Meine Kraft ist seiner Macht nicht gewachsen.“ Gerade davon hat jedoch der König selbst seit ihrem Eintreffen und gerade jetzt eben noch zur Genüge das krasse Gegenteil erfahren; und diese Behauptung des Weisen von der Macht eines Königs soll vor den Gefolgsleuten noch durch die plumpen, äußeren Mittel, über welche der König ja verfügt, belegt werden: der König habe ja Elefanten, Pferde, Kampfwagen und eine riesige Armee.
Als ob diese äußeren Mittel einen König zu beeindrucken und somit zu binden vermögen!
Dies ist vielleicht die Sicht der hier versammelten Gefolgsleute des Königs, nicht aber Helgis eigene: der Staatsmann selbst fühlt sich nur an seine Pflicht gebunden an seine Verpflichtung gegenüber seinen Anvertrauten, diese zur Vollendung zu führen: diese Verpflichtung läßt ihn Tag und Nacht nicht ruhen und rasten und hält ihn unablässig in Tätigkeit.
Doch auch diese Behauptung des Weisen, deren Gegenteil er ja selbst dem König bewiesen hat, läßt Helgi schweigend über sich ergehen und zieht daraus eine wesentliche Lehre: es ist nicht wichtig, vor begrenzt denkenden Menschen, wie sie die Gefolgsleute des Königs hier als Anwesende darstellen, die Wahrheit aussprechen zu wollen; es ist vielmehr erforderlich, dasjenige auszusprechen, was den einzelnen Menschen, welcher die Wahrheit selbst nicht kennt, sicher zu dieser hinführt.
Dies ist eine praktische Weisheit, die ein König in seinem Handeln anwenden muß; und der göttliche Weise Sehermund führt ihm dies hier gerade vor wie sich auch noch später erweisen wird.