
PETER HÜBNER · DIE INSEL DES GLÜCKS
~ Der uralte Sonnenweg unserer Ahnen zu kosmischem Glück ~
nach den Forschungen, Sammlungen und Aufzeichnungen
der Gebrüder Grimm
Das gerechte Erkennen der Macht
Die Geschichte der beiden Jowane
In Midgard lebte einst ein mächtiger Jowan, ein Ringer. Aus zweitausend Zentnern Weizenmehl bestand seine tägliche Nahrung, und er genoß sie gemischt mit tausend Zentnern eines dicken Breies.
Für die Tiere des Landes war es ein großes Glück, daß er so ein strenger Vegetarier war.
Einmal vernahm er von einem anderen Jowan, welcher in einem anderen Lande leben sollte und der mächtiger sein sollte als er selbst.
Das verletzte seinen Stolz, und daher entschloß er sich, unverzüglich aufzubrechen und den anderen herauszufordern.
So begab er sich dann zu dem Markt und kaufte dort viertausend Zentner Weizenmehl als seine Ration für zwei Tage.
Diese Last setzte er sich als Bündel auf den Kopf und machte sich auf den Weg.
Drei Stunden Weges brachten ihn an das Ufer eines Sees, der an der Grenze seines Landes lag. Er war schon sehr hungrig und durstig geworden.
Deshalb kniete er am Ufer des Sees nieder, beugte den Kopf zum Wasser und schlürfte in einem Zuge beinahe den halben See leer.
Dann schüttete er einen Teil seines Weizenmehls in den See, nahm eine dicke Eiche zum Umrühren und aß die so zubereitete dicke Suppe.
Da er sich jetzt einigermaßen gesättigt fühlte, schlief er sofort ein.
Nun pflegte aber ein Elefant täglich an den See zu kommen, um daraus zu trinken.
Er kam auch wie gewöhnlich, aber zu seiner Überraschung war der See leer und trocken! Gerade wollte er sich voller Unwillen wieder fortwenden, als er den schlafenden Jowan erblickte.
Er wußte sogleich, daß dieser Jowan das ganze Wasser getrunken hatte. Voll Wut griff er ihn an und trampelte ihm auf dem Kopf herum.
Doch der Ringer drehte sich nur auf die andere Seite und sagte: „Nicht so zaghaft! Mit so sanften Streichen wird mein Kopfschmerz nicht besser werden. Du mußt mehr Kraft dransetzen, lieber Freund!“
Der Elefant hielt erschrocken inne und wußte nun nicht mehr, was er noch tun sollte.
Doch da erhob sich der Jowan, um seine Reise fortzusetzen. Er sah den Elefanten prüfend an, ergriff ihn dann am Rüssel und schwang ihn sich über die Schulter. Dann zog er weiter.
Nur noch wenige Schritte, und er hatte das Haus seines Rivalen erreicht. „Komm heraus, o Jowan dieses Landes!“ rief er. „Komm her und versuche es, mich zu Fall zu bringen!“
„Er ist nicht zu Hause“, erwiderte die Frau des anderen Jowans, die hinter der Mauer im Hofe stand. „Er ist im Walde, um frisches Brennholz zu beschaffen.“
„Nun gut, ich werde noch einmal vorbeikommen“, sagte der Ringer. „Aber nimm inzwischen ein kleines Geschenk, das ich für ihn mitgebracht habe.“ Mit diesen Worten schleuderte er den Elefanten über die Mauer auf den Hof.
„Mutter, Mutter, sieh doch, dieser Rivale deines Sohnes hat eine Maus in unser Haus geworfen!“ rief da die Frau.
„Was schadet das, mein Kind?“ antwortete ihr die Schwiegermutter, „wirf sie wieder hinaus!“
Und erneut wurde der Elefant über die Mauer geworfen und fiel dem Ringer vor die Füße. Der hob ihn auf und ging davon.
„Nicht schlecht“, dachte er bei sich. „Wenn schon die Frau des Rivalen einen Elefanten für eine Maus ansieht, wie mag mich da der Jowan selbst einschätzen?“