Du hast si­cher­lich be­merkt, daß sich bei dir ganz von al­lei­ne ei­ne grö­ße­re in­ne­re Ein­sicht in das äu­ße­re Er­le­ben ein­ge­stellt hat“, sag­te Sol zu sei­ner Schwes­ter. „Dies rührt da­her, daß wir den Er­kennt­nis­rin­gen im­mer nä­her kom­men.

Durch die Übun­gen der Schü­ler wer­den auch in uns die Kräf­te der Er­kennt­nis im­mer mehr be­lebt, und des­halb regt sich in uns das na­tür­li­che Ver­ständ­nis ge­gen­über al­lem Na­tur­ge­sche­hen.

Es sind die all­schöp­fe­ri­schen Er­kennt­nis­kräf­te, wel­che die gan­ze Welt an­trei­ben und in Be­we­gung hal­ten; aber die glei­chen Glücks­im­pul­se re­gen auch un­se­re Phan­ta­sie an, und so ent­ste­hen bei uns die far­ben­präch­ti­gen, er­leb­nis­rei­chen Ein­drü­cke des äu­ße­ren Welt­ge­sche­hens.

Doch sie sind in Wirk­lich­keit nur ein Spie­gel­bild un­se­rer ei­ge­nen, in­ne­ren, be­leb­ten Geis­tes­welt. Denn was der Geist nicht faßt, das er­faßt auch das Au­ge nicht, das Ohr nicht, das Füh­len nicht, der Ge­ruch und auch der Ge­schmack nicht.

Durch un­voll­kom­me­ne Er­in­ne­run­gen oder auch durch Zwei­fel, durch da­mit wie­der­um ver­bun­de­nes Miß­trau­en und da­ran an­knüp­fend durch Angst, ent­ste­hen wäh­rend un­se­res Er­kennt­nis­pro­zes­ses in un­se­rem Geis­te Ver­zer­run­gen des rei­nen Bil­des der Wirk­lich­keit.

Auf die­se Wei­se bil­den sich je­ne Ein­drü­cke, die wir dann als schlecht, un­an­ge­nehm oder als häß­lich an­se­hen. Die häß­li­chen Rie­sen­frau­en oder die ver­bis­se­nen Kämp­fer wa­ren des­halb nur der Aus­druck der ei­ge­nen, in­ne­ren, noch un­voll­stän­di­gen Geis­tes­hal­tung.

Ei­ne be­grenz­te, in­ne­re Sicht er­mög­licht uns da­her auch au­ßen im­mer nur un­voll­stän­di­ge, un­be­frie­di­gen­de Ein­drü­cke.

Ge­lingt es uns je­doch, un­se­ren Geist für voll­kom­me­ne­re Er­leb­nis­se zu er­schlie­ßen – was zu­erst ein­mal an ei­ne Be­ru­hi­gung un­se­rer Emo­tio­nen ge­bun­den ist –, dann öff­nen sich uns auch die hö­he­ren, voll­kom­me­ne­ren Wel­ten der Er­kennt­nis, und wir se­hen dann die Welt mehr und mehr so, wie sie wirk­lich ist.

Des­halb ver­wan­del­te sich das ver­zerr­te, we­ni­ger deut­li­che und ne­ga­ti­ve Bild je­ner Welt mit den Rie­sen­wei­bern nach dei­ner tie­fen, er­hol­sa­men Ru­he so ein­drucks­voll in die le­ben­di­ge Welt des Glücks und der voll­kom­me­nen Har­mo­nie, daß du auf ei­ner Stu­fe hö­he­rer Ein­sicht die drei wun­der­wir­ken­den Feen und ihr lieb­li­ches Zau­ber­spiel in der Welt der Er­leuch­tung er­blick­test.

So manch ei­ner meint, aus ei­ge­ner, en­ger Sicht her­aus, Win­ter und Som­mer wür­den sich ab­leh­nend oder auch feind­lich ge­gen­über­ste­hen oder gar sich ge­gen­sei­tig aus­schlie­ßen.
Die­sen Ein­druck lie­fer­ten uns dann auch die Kämp­fe der glü­hen­den Feu­er­män­ner mit den fros­ti­gen Eis­män­nern.

Doch die­se An­sicht ent­springt nur dem man­gel­haf­ten Zu­sam­men­spiel der Qua­li­tä­ten des Ge­fühls und des Ver­stan­des beim Be­ob­ach­ter der Na­tur­ge­sche­hen; denn wer sich in sei­nem ei­ge­nen In­ne­ren nicht dar­über ein­ig ist, was rich­tig oder falsch ist – wenn sein Ge­fühl ihm dies als rich­tig zu­trägt und sein Ver­stand ihm et­was an­de­res völ­lig an­de­res als rich­tig vor­gibt und er die­se ge­gen­sätz­li­chen Er­kennt­nis­se nicht ver­ei­nen kann –, dann zeigt sich ihm auch die gan­ze Au­ßen­welt auf der Grund­la­ge die­ses sei­nes ei­ge­nen, in­ne­ren Zwie­spal­tes.

Als Er­geb­nis die­ses Zwies­palts folgt der in­ne­re Zwei­fel, und da­ran schließt sich die ei­ge­ne Ab­leh­nung von Um­welt­er­eig­nis­sen an, die auf ihn ein­zu­stür­men schei­nen.

Und hier­aus ent­steht auf­grund man­geln­der Be­herr­schung der in­ne­ren Men­schen­kräf­te schließ­lich der be­drü­cken­de Zu­stand der per­sön­li­chen Angst.